Kölner Stadt Anzeiger 28. August 1992

Schweben in der Stille
Dominik Böhringer stellt im Kölner Kunstgarten aus.

Ein Ort der Stille entsteht allmählich und plötzlich, und in einem überraschenden Moment erkennt man, daß beides sich nicht einmal ausschließt. Mit einem Mal ist die Stille da, während der Blick auf einem der Bildobjekte von Dominik Böhringer ruht und der Klang eines fallenden Wassertropfens (aus einer im Raum angebrachten Klang-Apparatur) das Ohr sanft berührt. Dominik Böhringer hat aus dem Kunstgarten einen meditativen Garten gemacht. Seine schwebenden, aus vielen dünnen Papierhäuten geformten, leicht zur Mitte hin gewölbten Scheiben vermitteln in unerwarteter Schlichtheit ein Gefühl der Besänftigung, und sie erzählen darin vom Gewicht der Welt.

Rost ist das verbindende Thema aller Stücke. Jedes der papierenen Bildobjekte ist von einer mehr oder weniger deutlichen Rostspur geprägt: gewalttätig und zart, in flüchtigen Spritzern und wie Schwaden zerstäubenden Rauches, wie Schlieren von geronnenem Blut und wie Schichten unter der Erde. Rost als satte Kruste und als vergänglicher Hauch. Die runden Bildscheiben sind wie Gleichnisse von der Schönheit der Erde, gezeichnet von der Struktur geheimnisvoller Landschaften und unter dem Zeichen fortwährender Verwandlung.

Böhringers Bildobjekte lassen Tiefe in einem »Riß« und die Zerbrechlichkeit aller Oberflächen in einem Übergang farblicher Nuancen entdecken. Die organischen Prozesse der Natur sind die Freunde des Künstlers. So ist es der Herbst, auf den man in dieser Ausstellung bereits am Ende des Sommers stößt. Und darüber hinaus kann man die runden Bildobjekte drehen wie man will; sie bleiben immer in der Form, im Gleichgewicht, wie die Erde und wie der Lauf der Zeiten. (jk)